Thüringen-Derby: So haben Neonazi-Hooligans das Stadion in Jena betreten | MDR.DE ( www.mdr.de )

Pyrotechnik und ein unterbrochenes Spiel beim Thüringen-Derby. Wie konnte es zu den Krawallen in Jena kommen? Hooligans sollen mit kopierten Tickets ins Stadion gelangt sein - unter den Augen von Security- Mitarbeitern. Am heutigen Donnerstag tagt der Innenausschuss des Landtags zu den Ausschreitungen der Fans.

Der Trick war dreist und denkbar einfach. Tickets sollen kopiert worden sein, befreundete Security-Mitarbeiter sollen nach Informationen von MDR INVESTIGATIV die angereisten Neonazi-Hooligans, die als Gruppe zur Einlasskontrolle anrückten, "durchgewunken" haben, als der Ticketscanner Alarm schlug.

So sollen sich nach MDR-Recherchen unter anderem einschlägig bekannte Mitglieder des rechtsextremen "Jungsturms" und eine mit ihnen befreundete Neonazi-Hooligan-Gruppe aus Bulgarien beim Thüringen-Derby Mitte März Zutritt zum Ernst-Abbe-Stadion verschafft haben.

Scheiß kriminelle Ausländer

Die mutmaßlichen Kontakte in die Security-Szene dürften auch die Frage beantworten, wie es zu dem großangelegten Einsatz von Pyrotechnik und den Randalen aus dem Erfurter Block heraus kommen konnte, in dem sich laut Polizei mindestens 70 gewaltsuchende Fußballfans befunden hatten. Das Spiel war deshalb zwischenzeitlich unterbrochen worden.

Die Landespolizeiinspektion Jena sagte, derzeit würden Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs und Betrugs geführt. Hierbei stehe man im Austausch mit anderen Polizeidienststellen. Solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind, könne man keine weiteren Informationen nennen.
Wie ein Sprecher des FC Rot-Weiß Erfurt mitteilte, hatten Vereinsmitglieder und Dauerkarteninhaber die Möglichkeit, Tickets zu kaufen.

"Ein Weiterverkauf oder die Möglichkeit, sie zu kopieren, konnte unserseits weder kontrolliert noch ausgeschlossen werden." Die Zuständigkeit für die Kontrolle der Eintrittskarten obliege dem Veranstalter des Spiels.

Ein Sprecher des gastgebenden Vereins FC Carl Zeiss Jena sagte, von Seiten des Vereins sei Strafanzeige gestellt worden, auf deren Grundlage alle Hergänge und Aspekte mit strafrechtlicher Relevanz ermittelt würden. Bis zum Abschluss der Ermittlungen könne man sich nicht weiter dazu äußern.

Auch der Innenausschuss des Thüringer Landtags beschäftigt sich am Donnerstag mit den Ausschreitungen und möglichen Konsequenzen. Die CDU hatte sich im März dafür ausgesprochen, den Einsatz von Wasserwerfern gegen Fans vor dem Derby sowie die Gewaltprävention der Vereine zu hinterfragen.

Wer zum Derby noch alles ins Stadion gelangte, belegen Aufnahmen des MDR. Sie zeigen mehrere Männer mit Bekleidung der bulgarischen Neonazi-Hooligan-Gruppe "Animals Sofia" im Erfurter Block. Auch ein Banner der bulgarischen Rechtsextremisten hing vorn am Zaun im Ernst-Abbe-Sportfeld vor dem "Kategorie Erfurt"- Banner des "Jungsturms".

Der MDR hatte schon früher über die Verbindung der Thüringer Hooligans nach Bulgarien berichtet. So zeigen Fotos "Jungsturm"-Mitglieder gemeinsam mit den bulgarischen Neonazis, darunter Orlin P..

Der Rechtsextremist aus dem Spektrum des in Deutschland verbotenen militanten Neonazi-Netzwerks "Blood & Honour" soll der Kontaktmann der Thüringer in ebendieses Netzwerk sein.

Orlin P. pflegt nach MDR-Recherchen gute Kontakte zu internationalen Kadern von "Blood & Honour" und dessen bewaffneten Arm "Combat 18". Treffen zwischen P. und deutschen "C18"-Kadern sollen unter anderem beim Neonazi-Festival im sächsischen Ostritz 2018 stattgefunden haben.

Weitere Filmaufnahmen vom vergangenen Thüringen-Derby zeigen einschlägig bekannte rechtsextreme Gewalttäter und "Jungsturm"-Mitglieder im Erfurter Block, darunter Felix R., der in der Vergangenheit mehrfach wegen brutaler Angriffe verurteilt worden war. Auch "Jungsturm"-Mitglied Robin B. soll nach MDR-Informationen beim Derby dabei gewesen sein. Er wurde 2022 im Revisionsprozess gegen die Hooligan-Gruppe zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Bis heute zeigt er sich wenig geläutert: Beim Spiel gegen den FC Lok Leipzig am vergangenen Samstag erschien B. in einem T-Shirt mit dem rechtsextremen Zahlen-Code "88" (für "Heil Hitler") im Erfurter Steigerwaldstadion.

Bestimmt nur 1988 geboren

Neben Robin B. waren im Zuge des "Jungsturm"-Prozesses drei weitere Thüringer Neonazis, darunter der preisgekrönte Kampfsportler Theo W. wegen brutalen Angriffen auf gegnerische Fans und illegalen Kämpfen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

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