Kampfsport-Nacht in Halle mit Verbindungen in die rechtsextreme Szene | MDR.DE ( www.mdr.de )

Anfang Juni messen sich Kampfsportler aus Deutschland und Europa beim Box-Event "Ranking Fights" in Halle. In diesem Jahr treten auch einschlägig bekannte Kämpfer mit Bezügen zur extrem rechten Szene in Ostdeutschland und der Slowakei an.

Seit rund zwei Jahren finden die sogenannten "Ranking Fights"-Boxnächte in Halle-Neustadt statt. In diesem Jahr sind die Bezügein die rechtsextreme Hooligan-Szene zahlreich.

So tritt mit Hans Krüger ein Mann der ersten Stunde des extrem rechten halleschen Kampfsport-Studios "Gladiator Fight Academy" in den Ring.

Ist das Ding nicht abgebrannt?

Das Studio wurde im Frühjahr von bekannten Neonazi-Kampfsportlern gegründet. Ende März brannte es kurz vor der geplanten Eröffnung ab.

Mit Hannes West und Matthias Friedrich sind zwei weitere Kämpfer dabei, die aus dem Umfeld der Hooligan-Szene von Lok-Leipzig stammen. Bundeswehrsoldat Hannes West tritt offiziell für die "Gladiator Fight Academy" an, bei Friedrich wird auf Instagram ein "Team Friedrich" angekündigt.

West und Friedrich trainieren jedoch nach Informationen von MDR Investigativ im einschlägig bekannten Leipziger Szene-Gym "Imperium Fight Team", das dem Umfeld der extrem rechten Hooligan-Szene von Lok Leipzig entstammt.

Vielleicht könnte man als Konter das 8Weapons Leipzig einladen. Bin sicher das gibt spannende Kämpfe

Kämpfer des "Imperium Fight Teams" fielen in der Vergangenheit durch schwere Gewalttaten und rechtsextreme Aktivitäten auf. Fotos zeigen Matthias Friedrich vor wenigen Wochen im Imperium-Studio beim gemeinsamen Training mit polnischen Hooligans.

Rechtsextremismus- und Kampfsportexperte Robert Claus sagte dem MDR, das "Imperium Fight Team" gelte als das zentrale Kampfsportstudio der extrem rechten Hooliganszene im Umfeld des Fußballclubs Lokomotive Leipzig. "Da das Studio politisch so klar verortet ist, kam es in den letzten Jahren wiederholt zu Kritiken an Veranstaltern, die Kämpfer von Imperium engagierten. Seither treten Kämpfer von Imperium unter diversen Tarnnamen an." Hiermit sollten Interventionen gegen den Kämpfer vermieden werden.

Bis vor Kurzem kooperierte das Leipziger "Imperium Fight Team" noch mit dem Hallenser Studio "La familia Halle" zum Beispiel im Rahmen gemeinsamer Trainings und beim Austausch von Trainern für einzelne Einheiten.

Auch abgebrannt

https://autonome-antifa.org/breve9006#:~:text=In%2520Sachsen%252DAnhalt%2520brannte%2520nach,%E2%80%9C

Auch "La familia Halle" hatte in der Vergangenheit immer wieder mit Verbindungen in die extreme Rechte für Aufsehen gesorgt.

Doch die Rolle des Gyms als Kooperationspartner für die Leipziger scheint nun offenbar nach Zerwürfnissen in der halleschen Kampfsportszene das neu gegründete Gym "Gladiator Fight Academy" übernommen zu haben.

Die Rolle der wegen der Beteiligung von Neonazi-Kampfsportlern immer wieder umstrittenen "la familia Fightnights" übernehmen nach Einschätzung von Szenekennern nun mutmaßlich seit einiger Zeit die "Ranking Fight"-Events – mangelnde Berührungsängste mit Rechtsextremen inklusive.

Auch international scheinen die Organisatoren der "Ranking Fights" bestens vernetzt. So stehen Anfang Juni gleich mehrere Kämpfer des slowakischen "Wolf Pride Gym" auf den Fightcards.

Ich persönlich bin kein Wolf, aber wenn die bei Pride Parades mitlaufen wollen, unterstütze ich das

Das Gym ist nach Informationen von MDR Investigativ vernetzt in die slowakische Hooligan-Szene und kooperiert mit dem europaweiten Kampfsport-Netzwerk "Octagon".

Hooligan-Experte Robert Claus sagte MDR Investigativ, die Firma Octagon sei von polnischen Hooligans gegründet worden und habe über Tschechien und die Slowakei mittlerweile bis nach Österreich expandiert. "Sie gehört ins Netzwerk der Hells Angels und veranstaltet seit Jahren Kampfsportevents für extrem rechte polnische, tschechische und slowakische Hooligans im Dreiländereck", so Claus weiter.

In dieser Region liege auch Zilina, das "Wolf Pride Gym" gehöre zum slowakischen Hooliganismus. Das "Wolf Pride Gym" ließ eine Anfrage von MDR Investigativ unbeantwortet.

Derartige Allianzen stören "Ranking Fights"-Chef René Müller offenbar nicht. Auf Nachfrage nach den zahlreichen rechtsextremen Bezügen der teilnehmenden Kämpfer und Studios teilte René Müllers Firma "versus Data GmbH", die das Event offiziell veranstaltet, über einen Anwalt mit, dass es bei der Auswahl der Kämpfer unerheblich sei, welchem Verein sie angehörten.

Anders als im Amateurbereich würden sich im Bereich des Profiboxsports einzelne Kämpfer selbst anmelden und kein Verein die Anmeldung vornehmen. Die Vereine, die gegebenenfalls hinter dem einzelnen Kämpfer stünden, seien dem Veranstalter unbekannt.

Maßgeblich sei lediglich, ob die jeweils angesetzten Kämpfe einen "guten Kampfabend", also eine erfolgreiche Veranstaltung versprächen und ob die jeweiligen Kämpfer eine Lizenz des zuständigen Nationalverbandes vorweisen könnten.

Wo linke Kämpfer?

Der Sportverein "Wolf Pride Gym" sei dem Veranstalter gänzlich unbekannt.

Das ist nicht gut.

"Der Veranstalter der Veranstaltungsreihe arbeitet im Rahmen einer Kooperation ausschließlich mit dem Box Club Halle e.V. zusammen", heißt es weiter im anwaltlichen Schreiben der "versus Data GmbH".

Politische Statements gleich welcher Art seien im Ring und auf der Veranstaltung unzulässig.

Durchschnittlicher Zentrist

Kooperationen mit anderen Sportvereinen neben dem Box Club Halle e.V. bestünden nicht.

René Müller ist in der Hallenser Box-Szene kein Unbekannter. Er ist einer der langjährigen Organisatoren des jährlich ausgetragenen "Chemiepokals", einer Weltmeisterschaft für Amateurboxer, veranstaltet vom Boxverband Sachsen-Anhalt, und gut vernetzt in der Kampsportszene.

Dieses Mal ist Müllers Firma "versus Data GmbH" Veranstalter der "Ranking Fights". Als Unterstützer des Events werden auf der Website überwiegend Firmen aus Müllers engem Umfeld aufgeführt, darunter seine eigenen Bau- und Immobilienfirmen und der "Box Club Halle e.V.", den Müller erst Ende Februar mit dem Boxer David Khachatryan gegründet hatte.

Khachatryan, der beim SKC Tabea 2000 e.V. boxte, tritt bei der "Ranking Fight"-Boxnacht für Müllers gleichnamigen Boxstall an, eine Plattform, die Sportler promotet und Events organisiert.

Selbst gestecktes Ziel ist nach eigenen Angaben, "olympische Boxer auf ihrem Weg zum Profiboxer zu begleiten und zu fördern". Als Unterstützer der Veranstaltung wird auf der Event-Seite auch die "World Boxing Federation" (WBF) genannt.

Die WBF unterstützt nach eigenen Angaben lediglich den Kampf zwischen David Khachatryan und Andreas Klein und nicht die weiteren Kämpfe. Ein Sprecher der Deutschland-Sektion antwortete auf Anfrage von MDR Investigativ: "Für uns sind dies zwei Sportler, die einen fairen Wettkampf im Ring bestreiten werden."

Der Kampf um den "WBF Interconti Titel" ist als Highlight des Abends angekündigt. Dabei wird der regionale Champion im Superfedergewicht ermittelt.

Die Kämpfer müssten über eine gültige Profi-Lizenz verfügen. Die rechtsextremen Verbindungen der anderen Kämpfer und Gyms scheinen für die internationale Organisation keine Rolle zu spielen.

Es fällt auf, dass unter den Boxern, die "Ranking Fights" betreut, überwiegend ukrainische Sportler sind, darunter zahlreiche ukrainische Kinder und Jugendliche.

Robert Gräfe, der beim Landessportbund Sachsen-Anhalt das Programm "Integration durch Sport" leitet, sieht darin erstmal nichts Ungewöhnliches. Der große Zulauf von Menschen aus der Ukraine in Sportvereinen hänge mit der großen Anzahl an Geflüchteten seit Februar 2022 zusammen und gehe weit über den Kampfsport hinaus, so Gräfe.

"Kampf- und Kraftsportarten haben in vielen osteuropäischen Ländern einen hohen Stellenwert. Somit erscheinen Sportvereine mit entsprechenden Angeboten attraktiv." Ukrainische Trainer und Trainerinnen würden Zugänge zur ukrainischen Community erleichtern.

Ob der Box-Stall jungen Sportlern, die vor dem Krieg fliehen mussten, tatsächlich eine sportliche Heimat bieten will oder ob es sich schlicht um ein lukratives Geschäftsmodell handelt, darüber wollte MDR Investigativ mit "Ranking Fights"-Chef Müller sprechen. Eine entsprechende Anfrage ließ der Boxstall-Chef bis zum Redaktionsschluss allerdings unbeantwortet.

Einer der Sportler und Junioren-Trainer, die Müller laut Webseite vertritt, ist der ukrainische Boxer Ivan Nesterenko. Nesterenko, der in seiner Heimat bereits zahlreiche Titel gewann, tritt zum wiederholten Male bei der "Ranking Fights Boxnacht" an.

Er wurde Anfang des Jahres als neuer Trainer für das rechtsextreme Kampfsportstudio "Gladiator Fight Academy" angekündigt.

Um tätig zu werden, sei die Stadt als Trägerin des Veranstaltungsorts auf eine entsprechende Gefahreneinschätzung der Sicherheitsbehörden angewiesen, heißt es auf MDR-Anfrage von der Stadt Halle.

Gefragt nach den extrem rechten Verbindungen der angekündigten Kämpfer und der Kampfsportstudios antwortet ein Sprecher der Stadt: "Verbindungen von kämpfenden Einzelpersonen wurden uns unspezifisch bestätigt, die Gesamtveranstaltung jedoch als ungefährlich und unpolitisch beschrieben. Gegen die Veranstalterin selbst sind der Stadt keine Vorwürfe bekannt."

Anders sieht das Rechtsextremismus-Experte Robert Claus. Wenn extrem rechte Hooligans vermehrt auf einem Event anträten, sage das sehr viel darüber aus, in welchem Milieu sich ein Veranstalter bewege und wo er seine Kämpfer rekrutiere, so Claus.

"Ein Kampfsportevent in Halle unter Beteiligung internationaler extrem rechter Hooliganszenen kurze Zeit vor der anstehenden Fußball-Europameisterschaft in Deutschland sollte alle Alarmleuchten in der Stadt rot blinken lassen."

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