"Gehen offensiv vor": Rechtsextreme Partei "Der III. Weg" wirbt in Berlin Jugendliche vor Schulen an ( www.t-online.de )

Die Schülervertretungen der Ostländer warnen vor Rechtsextremismus in den Schulen. In Berlin gibt es insbesondere ein Problem mit einer Kleinstpartei.

Paul Seidel ist 19 Jahre alt und besucht die Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Britz. Der Abiturient versteht sich als politisch interessierter und gebildeter Schüler.

Obwohl seine Schulzeit bald vorbei ist, sorgt er sich um Rechtsextremismus, der immer wieder in der Schule auftaucht. Hakenkreuze und Hitlergrüße gebe es zwar. Das größte Problem sei jedoch ein anderes. "Die Schüler werden von den Rattenfängern des 'III. Weges' abgefangen", sagt er im Gespräch mit t-online.

Die Partei "Der III. Weg" gibt es seit 2013. Sie ist eine rechtsextreme Kleinstpartei, hat ein stark neonazistisches Profil und versteht sich als radikale Alternative zu "Die Heimat" (ehemals NPD), wie die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt. Sie ist laut "Berliner Register" derzeit die "aktivste und gefährlichste Neonazi-Organisation" der Stadt.

Und die Partei ist vor Schulen im Osten der Hauptstadt unterwegs. Dort verteilt sie in einer "Schulhofoffensive", wie es auf der rechtsextremen Plattform der Partei heißt, Flyer oder Sticker, um Schüler anzuwerben. Dabei gehen sie auch verdeckt vor.

Auf den Flyern sei das Parteilogo etwa nicht zu sehen, sagt Seidel. Dasselbe gelte für Websites, die sich hinter QR-Codes verbergen. Man versuche die Schüler mit verschiedensten Themen zu ködern, ohne die rechte Ideologie direkt offenzulegen.

Die Rechtsextremen seien dabei nicht als Nazis zu erkennen. "Das sind keine Skinheads mit Springerstiefeln oder Bomberjacken. Die sehen so aus wie ich", sagt Seidel.

Ihm bereite die Entwicklung große Sorgen. "Die gehen offensiv vor. Es gibt eine massive Einwirkung auf uns", so der 19-Jährige. "Sie nutzen die fehlende politische Bildung und die nicht vorhandene Medienkompetenz der Schüler aus".

Dass es Probleme mit Rechtsextremismus an Berliner Schulen gibt, ist auch der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) bekannt.

Anna Schmidt ist Juristin und für die MBR aktiv. "An Berliner Schulen hat man in den meisten Fällen keine überzeugten rechtsextremen Jugendlichen", sagt sie. "Wir sehen eher eine Distanzlosigkeit zu rechtsextremer Ideologie, gepaart mit dem Interesse an Provokation. Das kann – wenn man nicht dagegen vorgeht – zu einem unangenehmen bis bedrohlichen Klima in der Schule führen"

Das zeige sich etwa in vermeintlich witzigen Memes in Klassenchats, die antisemitische und rassistische Inhalte transportieren. "Viele Lehrkräfte in Berlin machen sehr schnell Erfahrungen mit Hakenkreuzschmierereien und mit rassistischen Aussagen", fügt sie hinzu.

Parteien wie "Der III. Weg" profitieren von dieser Distanzlosigkeit, sagt Schmidt. Eine juristische Handhabe, gegen die Rechtsextremen vor der Schule vorzugehen, gebe es nicht.

Verteilaktionen bedürften ihres Wissens nach keiner Genehmigung. "Die Mitglieder wissen genau, wie weit sie gehen dürfen und wo die strafrechtlich relevanten Grenzen sind". In den meisten Fällen würden sie sich genau unter dieser Schwelle bewegen.

Dennoch seien die Mitglieder der Partei zum Teil gewaltbereit und gewalterfahren, so Schmidt. Kampfsporttrainings nehmen demnach eine große Rolle innerhalb der Gruppe ein. Dem MBR sind Einschüchterungsversuche und Angriffe auf Jugendclubs, etwa auf das "Unabhängige Jugendzentrum Pankow" (JUP), bekannt.

Es könne daher sinnvoll sein, die Polizei zu rufen, sollte es im Rahmen der Verteilaktionen zu Beleidigungen oder Bedrohungen gegen Schüler kommen. "Es gibt an vielen Schulen auch politisch interessierte Jugendliche, die in die Konfrontation gehen oder ihren Standpunkt deutlich machen wollen", sagt Schmidt und weiter: "Gerade Lehrkräfte müssen die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler im Blick haben". Es könne zudem helfen, sich als Schulgemeinschaft zu positionieren.

Aus Sicht von Schüler Paul Seidel ist jeder Kontakt ins rechte Milieu gefährlich. "Wir haben Schüler, die sich von den Verteilaktionen des 'III. Weges' abholen lassen", sagt er.

"Wenn sie sich erstmal auf eine zunächst so harmlos wirkende Umgebung einlassen und in der sozialen Gruppe angekommen sind, wird es sehr schwer, wieder dort herauszukommen". Der Abiturient geht noch weiter: Er möchte, dass die Politik ein Verbotsverfahren für die Partei prüft.

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